Krankheitsbedingte Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzungen: Wann kann der Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen?
Kündigung wegen Krankheit
- Es ist eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen
Gesundheitszustandes erforderlich. Es müssen objektive Tatsachen
vorliegen, die aufgrund der bisherigen und prognostizierten Fehlzeiten
die ernsthafte Besorgnis weiterer Erkrankungen begründen.
Sodann
hat der Arbeitnehmer darzulegen, weshalb mit einer baldigen und
endgültigen Genesung zu rechnen ist, und er hat erforderlichenfalls
die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.
Kann das Arbeitsgericht die Wiederholungsgefahr nicht selbst beurteilen,
ist diese mit Hilfe eines Sachverständigen oder des sachverständigen
Zeugnisses des behandelnden Arztes zu klären. Handelt es
sich um eine Suchtkrankheit, sind geringere Anforderungen an die
negative Gesundheitsprognose zu stellen. Maßgebend für
die Prognose sind ausschließlich die objektiven Verhältnisse
bei Zugang der Kündigung. Auf eine nachträgliche
Veränderung kommt es nicht an. Seine frühere Auffassung,
dass bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in
der Tatsacheninstanz eingetretene Entwicklungen der Krankheit
zur Korrektur oder Bestätigung der Prognose noch berücksichtigt
werden können, hat das BAG aufgegeben. Erweist sich die ursprüngliche
Prognose als falsch, kommt uU ein Wiedereinstellungsanspruch in
Betracht, wenn der Wiedereinstellung keine berechtigten Interessen
des Arbeitgebers entgegen stehen, etwa weil er zwischenzeitlich
anderweitige Dispositionen getroffen hat. Die Prognose darf nicht
lediglich zweifelhaft sein, vielmehr muss die Besorgnis weiterer
Erkrankungen ausgeräumt, also eine positive Gesundheitsprognose
gegeben sein, wofür der Arbeitnehmer die Darlegungs- und
Beweislast trägt. Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht
nicht, wenn die Änderung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
eintritt. - Im Fall einer nachträglichen weiteren Verschlechterung
oder auch Fortdauer der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
des Arbeitnehmers ist zur Vermeidung von Risiken eine erneute
Kündigung empfehlenswert. - Die bisherigen und die nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen; diese können durch Störungen im Betriebsablauf oder wirtschaftliche Belastungen hervorgerufen werden. Hierzu gehören auch außergewöhnlich hohe Entgeltfortzahlungskosten von jährlich mehr als sechs Wochen. Es darf keine Möglichkeit bestehen, den Arbeitnehmer auf einen anderen freien Arbeitsplatz umzusetzen, für den der Arbeitnehmer geeignet ist und auf dem keine betrieblichen Beeinträchtigungen mehr zu erwarten sind; ein solcher Arbeitsplatz ist gegebenenfalls durch Wahrnehmung des Direktionsrechts freizumachen, soweit hierdurch nicht in die Rechtsposition des bisherigen Arbeitsplatzinhabers eingegriffen werden muss. Im Prozess genügt zunächst der allgemeine Vortrag des Arbeitgebers, eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz sei nicht möglich. Sodann hat der Arbeitnehmer konkret darzustellen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt.
- Bei der Interessenabwägung ist zu prüfen, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Erkrankung auf betrieblichen Ursachen beruht, ob bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist, ferner das Alter des Arbeitnehmers, dessen familiäre Verhältnisse, insbesondere Unterhaltspflichten sowie eine Schwerbehinderteneigenschaft. Behauptet der Arbeitnehmer, dass die Erkrankung auf betrieblichen Ursachen beruht, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass dies nicht der Fall ist (sachverständiges Zeugnis des behandelnden Arztes; Sachverständigengutachten). Zugunsten des Arbeitgebers ist zu berücksichtigen, wenn er eine Personalreserve vorhält oder Betriebsablaufstörungen eintreten.
Häufige Kurzerkrankungen/hohe Lohnfortzahlungskosten
Bei der Prognose (Stufe 1) kann eine entsprechende Entwicklung
in der Vergangenheit für künftige Erkrankungen sprechen;
dies gilt nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind. Für
eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (Stufe
2) genügt ein unausgewogenes Verhältnis zwischen der Arbeits-
und Lohnfortzahlungspflicht, um unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen
Belastung mit Lohnfortzahlungskosten eine Kündigung sozial
zu rechtfertigen. Davonist auszugehen, wenn die künftig zu
erwartenden Lohnfortzahlungkosten außergewöhnlich hoch
sind, indem sie jährlich mehr als sechs Wochen betragen. Ob
der Arbeitgeber zusätzlich eine Personalreserve vorhält
oder
Betriebsablaufstörungen
eintreten, ist in dem Zusammenhang unerheblich; beides kann lediglich
im Rahmen der Interessenabwägung (Stufe 3) zugunsten des Arbeitgebers
Berücksichtigung finden.
Langanhaltende Erkrankung
Auch bei einer langanhaltenden Krankheit ist die Überprüfung der sozialen Rechtfertigung grundsätzlich in drei Stufen, wie oben dargestellt, vorzunehmen. Für den Begriff "langanhaltend" gibt es keine starren Grenzen; eine acht Monate andauernde Erkrankung ist jedenfalls als langanhaltend anzusehen. Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht der (feststehenden) dauernden Arbeitsunfähigkeit gleich, wenn in den nächste n 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann. Sodann kann in aller Regel von einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (Stufe 2) ausgegangen werden.
Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit
Steht fest, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grund das Arbeitsverhältnis ganz erheblich gestört. Steht die dauernde Leistungsunfähigkeit objektiv aufgrund medizinischer Befunde fest, kommt es auf das subjektive Befinden des Arbeitnehmers, er könne die Arbeit verrichten, nicht an. Die betriebliche Beeinträchtigung (Stufe 2) besteht darin, dass der Arbeitgeber damit rechnen muss, der Arbeitnehmer sei auf Dauer außerstande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Auf damit verbundene wirtschaftliche Belastungen für den Arbeitgeber kommt es nicht an.
Krankheitsbedingte Leistungsminderung
Die krankheitsbedingte Leistungsminderung des Arbeitnehmers ist geeignet, einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Kündigungsgrund abzugeben. Auch hier hat die Prüfung in drei Stufen zu erfolgen. Die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (Stufe 2) muss erheblich sein, so dass nicht jede geringfügige Minderleistung genügt; ausreichend ist eine Minderleistung von Zweidrittel der Normalleistung. Ferner ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, auf dem keine betrieblichen Beeinträchtigungen mehr zu erwarten sind.
Zuletzt aktualisiert 08.01.2018
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